Frage 4:

In der BSA geht es auch schwerpunktmäßig um die Prävention psychosozialer Belastungen in der Arbeitswelt. Es gibt daher immer mal wieder eine Diskussion in der betrieblichen Sozialen Arbeit, ob es auch Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Arbeitgeber geben sollte. Ist dies aus Ihrer Sicht eine gute Idee oder ist es richtig, dass Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat sind?

Antwort auf Frage 4: Ich würde es generell dabei belassen, dass Grundrechte allein den Staat verpflichten. Die Grundrechte sind historisch als Sicherung gegen staatliche Eingriffe entstanden, weil dort ein hohes Gefährdungspotential für die Freiheit des Bürgers liegt. Das Fehlen von Grundrechten, die sich gegen den Arbeitgeber richten, bedeutet nicht, dass der einzelne Arbeitnehmer gegen Zugriffe durch ihn rechtlos bliebe. Er wird im einfachgesetzlichen Arbeits- und Sozialrecht detailliert und effektiv gesichert. Es bedarf hier jedoch keiner Regeln auf der Höhe der Verfassung, weil beide Parteien sich rechtlich auf gleichem Niveau gegenüberstehen und im gleichen Maße an die staatlichen Gesetze gebunden sind. Nur gegen die Hoheitsgewalt des Staates benötigen wir verfassungsrechtliche Garantien, denn er macht sich seine Gesetze selber. Zudem wirken die Grundrechte über ihre sogenannte „Drittwirkung“ sogar im Arbeitsleben, wenn Arbeitgeber staatsähnliche Direktionsmacht besitzen.

Auch hege ich Zweifel, ob psychosozialen Belastungen überhaupt mit gesetzlichem Zwang begegnet werden könnte, denn ihre Ursachen liegen eher in inneren menschlichen Beziehungen, wie Charaktereigenschaften, Stressempfinden oder Emotionsprägungen, weniger im Außenverhalten von Arbeitgebern und Vorgesetzten. Diese sehr persönlichen Relationen sind rechtlicher Regelung kaum zugänglich.