Interviewreihe

Interview-Reihe Soziale Arbeit

Die Interviews bieten uns als Bundesfachverband Betrieblicher Sozialer Arbeit die Möglichkeit, politische, juristische, wissenschaftliche, journalistische oder gesellschaftliche Expertise zu erhalten. So kann ein vertiefter und multiperspektivischer Einblick in die Thematik der sozialen Verantwortung in Organisationen gewonnen werden, wobei das Wechselspiel zwischen hohem Abstraktionsniveau der Antworten und den Schilderungen persönlicher Erfahrungen ganz essenziell zur Horizonterweiterung beiträgt.

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BBS-Interview mit Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun

Friedemann Schulz von Thun (* 6. August 1944) ist ein deutscher Kommunikationspsychologe, Professor für Psychologe und Gründer des Schulz von Thun-Instituts für Kommunikation in Hamburg.

In den siebziger Jahren gehörte Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun zu jenen Pionieren, die eine Kommunikationskultur in Unternehmen etablierten. Alles Autoritäre war in Verruf geraten. Das neue Motto lautete, auf Augenhöhe zu kommunizieren.

Heute widmet sich Prof. Schulz von Thun dem Dialog in polarisierten Gesellschaften und differenziert zwischen gutartiger und toxischer Polarisierung. Die gutartige sei notwendig für die Demokratie, die toxische dagegen davon geprägt, den Meinungsgegner zu dämonisieren und als moralisch verwerflich zu brandmarken. In diesem Zusammenhang erinnert Schulz von Thun an Nietzsche: „Die Wahrheit beginnt zu zweit.“ Der Meinungsgegner verdiene Respekt und eine Würdigung für seinen Standpunkt. Die eigene Meinung dürfe nicht verabsolutiert werden. Für berufliche Kontexte und Organisationen empfiehlt Schulz von Thun: „Kick the ball, not the player.“ Ein großes Lob spricht Schulz von Thun der betrieblichen Sozialen Arbeit aus und hält sie für einen Segen.

Zum Schluss des Gesprächs erläutert Schulz von Thun noch sein 5-Felder-Modell, das er ausführlich in seinem neuen Buch "Erfülltes Leben" analysiert.

BBS-Interview mit Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof

Ferdinand Kirchhof (* 21. Juni 1950 in Osnabrück) ist ein deutscher Jurist, Rechtswissenschaftler und ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts.

Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts a.D., erläutert die historische Entwicklung des Sozialstaats. Er betont ferner, dass Organisationen für die in ihnen tätigen Menschen selbstverständlich Verantwortung tragen – und zwar auch für über die eigentliche Beschäftigung hinausgehende Bereiche. In der Gegenwart wird eine hohe Erwartungshaltung an jeden Einzelnen gerichtet.
Für die betriebliche Soziale Arbeit und die Bereitschaft des Einzelnen, diese aufzusuchen, ist das Versprechen der Vertraulichkeit laut Kirchhof eminent wichtig. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen sich rechtlich auf gleichem Niveau gegenüber, weswegen Kirchhof festhält, dass er die Idee, Grundrechte als Abwehrrechte gegen den Arbeitgeber einzuführen, ablehnt.
Angesichts des technischen Fortschritts mahnt Kirchhof, wertende Entscheidungen gegenüber Menschen dürften nicht dem Computer überlassen werden.

BBS-Interview mit Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier

Hans-Jürgen Papier (* 6. Juli 1943) ist ein deutscher Staatsrechtswissenschaftler. Von April 2002 bis zum 16. März 2010 war er Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier betont, dass das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip den Staat zur sozialen Aktivität verpflichtet, woraus der individuelle Rechtsanspruch auf eine menschenwürdige Existenzsicherung folgt. Der Kern der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist die Freiheit, weswegen der sozialstaatliche Auftrag an die Politik lautet, die Entfaltungschancen der Menschen zu ermöglichen, so dass sie von ihren Freiheiten Gebrauch machen. An den Beispielen des Grundeigentums und des sozialen Mietpreisrechts konkretisiert Papier den Freiheitsbegriff im Kontext des Sozialstaatsprinzips. Hans-Jürgen Papier weist darauf hin, dass Arbeitgeber eine soziale Verantwortung für die Beschäftigten haben. Diese soziale Verantwortung gesetzlich zu regeln, ist seiner Überzeugung nach möglich und sinnvoll. Eine gesetzliche Verpflichtung zur betrieblichen Sozialberatung kann sich Papier für Unternehmen ab einer gewissen Größe gut vorstellen. Angesichts der immer schneller fortschreitenden und alle Lebens- und Arbeitsbereiche durchdringenden Digitalisierung mahnt Papier den Gesetzgeber zum deutlich konsequenteren Schutz der Freiheitsrechte der Bürger.